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  • AutorenbildJulia Pilz

Divertikel im Darm - was kann ich tun?

Divertikel (Wandausstülpungen durch die Muskelschicht der Darmwand) sind häufig und bei fast allen Menschen über 40 Jahre zum Beispiel während der Koloskopie evident. Doch lösen diese wirklich Beschwerden aus? Klinische Erhebungen zeigten, dass bis 25% der Menschen, welche Divertikel aufweisen, auch an zumeist langfristigen Beschwerden leiden (Piscopo N, Ellul P, Ulster Med J, 2020).


Die Begriffsführung für diese chronische Erkrankung ist noch nicht eindeutig. Sie werden als chronische Divertikulitis bezeichnet. Die Begriffsführung reicht jedoch von symptomatisch unkomplizierter Divertikelerkrankung (SUDD, Symptomatic uncomplicated diverticular disease) bis zu segmentaler Darmerkrankung (Kolitis) (Rezaour M et al, Gut Liver 2021).


Bei dieser chronischen Symptomatik handelt es sich nicht um ein akutes entzündliches Geschehen (im Gegensatz zur akuten Form der Divertikulitis). Die Wahrscheinlichkeit im Laufe einer üblichen Lebensspanne daran zu erkranken (Lebenszeitrisiko) beträgt ca. 5%.


Die chronische Divertikulitis ist vielmehr ein andauernder, progressiver, immunologischer Prozess, bei welchem die lokale Entzündungsreaktion der Darmwand und umgebender Strukturen eine Rolle spielt. Als Folge entstehen Wandverdickung, Rötung und vor allem Einengung der Passage des Darmes. Endoskopisch (während der Darmspiegelung) ist das Bild zumeist eindeutig: Die Untersuchung ist schwierig, es stellen sich zahlreiche Divertikel dar, die Schleimhaut weist eine Rötung (Erythem) auf, zudem ist die Passage äusserst schwierig und kann die Koloskopie meist nur durch Anpassungen wie Umlagerung und auch Wechsel auf kleinere Instrumente überhaupt zuverlässig durchgeführt werden.


Teilweise weisen die Betroffenen eine eklatante Symptomatik auf: Blähungen, Bauchkrämpfe, Verstopfung sowie paradoxe Diarrhö.


Teilweise wird die Symptomatik aber erst im Gespräch mit dem Arzt und eine genau erhobene Anamnese für die Betroffenen ersichtlich und erkannt. Häufig sind die Beschwerden über eine lange Zeit toleriert und von den Betroffenen als „normal“ hingenommen worden.


Die chronisch entzündliche Reaktion des Darms führt neben der Passagestörung auch zu einer Zurückhaltung von Stuhlgang im Darm (siphonartige Wirkung durch das verengte Lumen, der Darm funktioniert wie ein Trichter und der Stuhl kann nicht mehr normal passieren). Dies führt zu einer erschwerten Passage und verlängerten Verweildauer des Stuhlgangs im Darm. Die Darmebakterien (das so genannte intestinale Mikrobiom, mehr als 2 kg Bakterien welche physiologischerweise unseren Darm besiedeln) haben viel mehr Zeit, die Stuhlreste zu verstoffwechseln und hierbei Faktoren wie Gase (unter anderem Methan, Wasserstoff,

Kohlendioxid) aber auch zum Beispiel kurzkettige Fettsäuren zu produzieren. Diese produzierten Stoffe können ihrerseits wieder eine Symptomatik verstärken (Blähungen, Diarrhöe). Zur Diagnosesicherung kann eine abdominale Bildgebung erfolgen. Am besten eignet sich hier eine Computertomographie, zumindest mit intravenösem Kontrastmittel. Eine aktuelle Bildgebung ist aber nicht zwingend erforderlich. Falls die Symptomatik eindeutig ist kann auch direkt eine chirurgische Beurteilung durchgeführt werden.


Verschiedene Medikamente (zur Beeinflussung der Darmtätigkeit, auch anti- inflammatorische Medikamente, eine Therapie der Diarrhö) können eingesetzt werden, in den allermeisten Fällen jedoch ohne nachhaltigen Erfolg.


Die chirurgische Therapie ist die Segmentresektion, zumeist Sigma, mit Anstreben einer intestinalen Anastomose (Darm-an-Dam Naht), ohne passagere Anlage eines Stoma (zeitlich begrenzte Anlage eines künstlichen Darmausgangs). Neuere Evidenz aus randomisierten klinischen Studien zeigt, dass insbesondere im Hinblick auf die Lebensqualität der Betroffenen die chirurgische Therapie die bevorzugte Methode ist, vor allem beim Vorliegen von Stenosen (Engstellen) (Lock JF et al, Dtsch Ärzteblatt 2020).


Eine umfangreiche, eingehende chirurgische Beratung ist sicher für einen positiven Entscheid zur Chirurgie unumgänglich.


Dr. med. David Axelos MagenDarm Schweiz

Dr. med. Andreas Schmid Viszeralchirurgie Aargau



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